Gedankenspuren


Im Januar 2015 - Traditionelles Räuchern mit Beifuß, Wacholder und Mariengras

Wolf-Dieter Storl stellt in seinem Buch „Naturrituale”, AT-Verlag, 2004 drei tra­di­tio­nelle Pflanzen vor, die aus unseren Breiten stam­men und sich für eine Reinigung eignen:

Das sind der Wacholder Juniperus communis für den Schutz; Beifuß Artemisia vul­ga­ris zur Erhöhung der Wahrnehmungsfähigkeit) und Mariengras Hierochloe odo­ra­ta für eine positive Stimmung.

Wacholderzweig mit Beeren
Wacholderzweig mit Beeren

Zur Sommer- und Wintersonnenwende, besonders in den Rauhnächten wurde der Wacholder zusammen mit Beifuß geräuchert, um böse Einflüsse zu vertreiben. Für Kelten/Germanen symbolisierte der Wachol­der­baum Tod und Wiedergeburt. Das Grimm’sche Märchen „Der Machandelboom” transportiert den Glau­ben an verstorbene Seelen, die im Wacholder Zuflucht finden. In diesem geschützten Raum ver­brin­gen sie ihre Zeit bis zur Wiederverkörperung. Der Name Reckholder bezieht sich auf die Funktion des Wacholders als Räuchermittel, der Krankenstuben reinigt, Vieh und Menschen vor Krankheit schützt. Außerdem be­glei­tet die starke transformative und schutzgebende Kraft des Wacholders die Schamanen bei der Reise in die „Anderswelt”, um dort Rat zur Heilung eines Kranken einzuholen. Ein kleiner Wacholderhain ist unterhalb der Schwedenschanze zu finden. Früher wurde in der Gegend viel Wacholderschnaps gebrannt. Man genießt ihn quasi als Magentonikum nach einem üppigen Mahl.

Blühender Beifuß
Blühender Beifuß

Nun begegnen wir einem wahrhaft mächtigen Kraut, dem Beifuß, auch Mutter aller Wurze genannt. Als Moxa in der chi­ne­si­schen Medizin bekannt, wird es wegen seiner großen Hitze­entwicklung auf Akupunktur-Punkten abge­brannt. Beifuß ist als ver­dau­ungs­för­den­des Gänsebraten­gewürz bekannt. Mythologisch steht es für die Göttin der ungezähmten Natur Diana/Artemis und wird als Räucher­stoff in vielen Teilen der Welt genutzt. Als Frauen­kraut kann es die Geburt einleiten und die Nachgeburt austreiben. Folgerichtig wurde bei anderen Schwellen­über­tritten, z.B. der Scha­ma­nen­reise, Beifuß ge­räu­chert. Es öffnet nicht nur den Unterleib, sondern es öffnet auch die Seele für das Heilige. Die Ver­wendung als Hebammen­kraut ist leider in Vergessen­heit geraten.

Abgestorbene Buche mit Zunderpilzen
Abgestorbene Buche mit Zunderpilzen

Mariengras Hierochloe odorata, (hiero = heilig, chloe = Gras, odorata = duftend), ein stark kumarinhaltiges Süßgras, ist mitverantwortlich für den typischen Heu­ge­ruch. Geweiht der Göttin Freya, die Wachstum, Frucht­bar­keit und Freude spendet, erleichterte es als „Bett­stroh” den Geburtsvorgang, beruhigte Kleinkinder in der Wiege und tröstete Sterbende. Übrigens aromatisiert ein Stengel Mariengras einen bestimmten polnischen Wodka aufs köstlichste. Mariengras steht somit für Fülle und Lebensfreude, es lockt gute Geister herbei und sorgt für eine heilsame Atmosphäre. Wer diese Räucherungen auf archaische Weise zelebrieren möchte, der braucht einen Feuerstein und einen Pyrit zum Funken schlagen und die getrocknete, lederartige Schicht zwischen Lamellen und Hut des Zunderpilzes Fomes fomentarius. Dieser wächst auf Buchen bzw. Totholz und steht unter Naturschutz, daher beim Förster fragen! „Ötzi”, dessen Körper vom Gletscher freigegeben wurde, trug dieses Urfeuerzeug bei sich. Man kann natürlich auch moderner Räuchern. Entweder mit Räucherkohle oder besser mit dem Räuchersieb. Vielleicht probieren sie es mal aus. Viel Spaß!

Im Februar 2014 - Pflanzenportrait Wilde Möhre

 

Die Wilde Möhre eignet sich besonders gut, um die Signaturenlehre darzustellen.

In dieser alten Lehre werden Gestalt, Standort und Farbe einer Pflanze genau betrachtet und in Beziehung zu ihrer Wirkung gesetzt.

Die verschiedenen Blühstadien zeigen eine signifikante Gemeinsamkeit, die man mit Zielgerichtetheit und Konzentration umschreiben kann.

 

Foto 1 zeigt, wie sich die zartrosa Blüte entfaltet. Sie öffnet sich kreisförmig nach außen. Die Nebenblätter daunter erinnern an einen Kompaß.

Foto 2 Hier hat sich die Blüte schon fast ganz geöffnet und der rote Mittelpunkt wird sichtbar.

Foto 3 zeigt die filigrane Symmetrie der ausgebildeten, jetzt weißen Blüte mit dem roten Punkt in der Mitte.

Foto 4 zeigt, wie sich die klettigen Samen kugelförmig zusammenschließen und eine Hohlraum bilden, der gerne von Käfern besucht wird.

 

Die Wilde Möhre ist die Urform unserer heutigen Gartenmöhre. Besonders auffällig ist die Symmetrie der Doldenblüten, die an ein wunderschönes Spitzendeckchen erinnert. In der Mitte befindet sich ein rötlicher Punkt (früher Mohrenblüte genannt), den man bei oberflächlicher Betrachtung als Käfer identifiziert. Bei der Samenbildung zieht sich die Doldenblüte nestartig zusammen und erinnert an ein kleines Vogelnest. Die Gestalt der Wilden Möhre - der Punkt in der Mitte der Dolde und die Kugelform der nestartig zusammengezogenen Dolde nach dem Blühen - hat die schweizer Firma CERES dazu angeregt, ein homöopathisches Mittel bei Konzentrationsstörungen und Zerstreutheit herzustellen, das zentrierend wirken soll. Außerdem wird der rote »Mittelpunkt« in der Signaturenlehre als Blutstropfen gedeutet. Tatsächlich wird die Wilde Möhre bei zu starker Blutung, Menstruationsstörungen, Endometriose und zur Geburtenkontrolle eingesetzt. Der US-amerikanische Phythotherapeut Matthew Wood setzt es erfolgreich bei den oben genannten Indikationen ein. In der Volksmedizin wurde der Wurzelbrei bei schlecht heilenden Wunden und Geschwüren aufgelegt. Die Blätter zerrieben mit Honig gemischt dienten als Wundauflage.

Die Wilde Möhre wächst auf mageren Wiesen und Wegrändern. Die zweijährige Pflanze kann über 1 m hoch werden. Im ersten Jahr werden die grundständigen Blätter gebildet. Die Blätter sind 2-3fach gefiedert und behaart. Die Doldenblüte ist zunächst flach ausgebreitet und hat in der Mitte einen signifikanten roten Punkt. Nach dem Abblühen zieht sich die Dolde nestartig zusammen. Blütezeit: Mai/August.


Im Januar 2013 - Buchempfehlung

Endlich ist das Buch des US-amerikanischen Phytotherapeuten Matthew Wood  “Herbal Wisdom” auf Deutsch erschienen. Dieses über 600 Seiten starke Werk bereichert durch seinen Focus auf persönliche Erfahrung und genauem Hinschauen die Welt der Heilpflanzenbücher. Es werden 40 Heilpflanzen ausführlich vorgestellt.

 

»Die Weisheit der Pflanzen – Überliefertes Heilwissen für die Praxis von heute« Matthew Wood, AT Verlag 2012

„… eine umfassende Geschichte der Pflanzenkunde, die auf dem botanischen Wissen des Westens, der Homöopathie, der Traditionellen Chinesischen Medizin und der Heilkunde der nordamerikanischen Indianer gründet.“      

Zitat Buchrücken.

Matthew Wood
Matthew Wood

Matthew Wood nimmt den Leser mit auf eine Entdeckungsreise, das jeweilige Spektrum einer Heil­pflanze zu ergründen. Wie ein Sherlock Holmes kombinierend arbeitet er sich zu den essentiellen Aussagen vor. Seine Darstellungsweise ist anschaulich und sein Forschergeist wirkt ansteckend. Sein Ton ist persön­lich, man spürt seinen Humor und seine Begeisterung. Aus vielfältigen historischen Quellen, unter­schiedlichen medizinischen Modellen und Erfahrungen aus seiner Praxis entsteht ein facettenreiches Gesamtbild. Er greift z.B. die Signaturenlehre auf, indem er sie mit persönlichen Pflanzenbetrach­tungen anreichert. So entsteht ein aktueller, bildhafter Zugang zu dieser alten Lehre. Zahlreiche Fallbeispiele illustrieren die vorgebrachten Thesen.

Matthew Woods Buch ist ein Plädoyer dafür, Wissen und Intuition zu verbinden und Heilpflanzen mit allen Sinnen selber zu erforschen. Die so gesammelten "Daten" seiner anschauenden Pflanzenbegegnung formen letztendlich ein Bild, das so etwas wie die Essenz der jeweiligen Heilpflanze für den Betrachter offenbart. Seine Betrachtungsweise öffnet auf diese Weise Räume für ganz neue und oft überraschende Anwendungsmöglichkeiten.

„Heilpflanzen wirken auf der körperlichen, der emotionalen, der mentalen und der spirituellen Existenzebene, später verstand ich allmählich (...) , dass sie auch auf der magischen Ebene wirken. Das bedeutet, daß (...) sie auch die Umgebung um uns herum verändern können.”

Das gängige Bild der Phytotherapie ist meist reduziert auf Vorbeugung und Ergänzung der Schul­medizin. Der Autor zeigt auf, dass in der Behandlung mit Heilpflanzen ein größeres Potential steckt. Wood entwickelt sehr präzise Anwendungsprofile und macht nuancierte Aus­sagen darüber, in welchen Fällen die jeweilige Heilpflanze das Mittel der Wahl ist. Dabei arbeitet er auch feine Unterschiede zu ähnlich wirkenden Pflanzen heraus. Sein Blickwinkel ist dabei auf das Individuum des Patienten und der damit „korrespondierenden“ Heilpflanze gerichtet. Er geht damit über volksheilkundliche Anwendungen hinaus und benutzt Heilpflanzen als hoch­wirksames Instru­mentarium das unserer naturwissenschaftlich geprägten Medizin durchaus die Stirn bieten kann.

Matthew Wood ist Autor mehrerer Bücher, Ausbilder und praktizierender Naturheilkundler. Er lebt und arbeitet in Wisconsin/USA, wo er als Heilpflanzenlehrer z.B. Onlinekurse anbietet. Im Jahre 2006 machte er seinen Master of Science Degree in Herbal Medicine an der Universität von Wales/GB. In seiner Abschlussarbeit hat er ein alternatives Modell zur Überprüfung der Wirk­samkeit von Phytotherapie entwickelt, dass die Andersartigkeit des medizinischen Weltbildes der Komplimenärmedizin besser berücksichtigt.

Vielleicht sind Sie jetzt neugierig geworden und haben Lust in diesem wunderbaren Buch zu lesen.

Es ist im AT-Verlag erschienen.

ISBN: 978-3-03800-581-0
Umfang: 680 Seiten

Format: 13.5 cm x 22 cm

Preis: 29,90 €

Im Januar 2012 - Vegetationsfeste

Das Jahr 2012 hat gerade begonnen. Während ich diesen Text schreibe, peitschen wasserfallartige Schauer über das Land. Das Thermometer zeigt ungewöhnlich hohe Temperaturen und in meinem Garten blühen Ringelblumen, Himmelschlüsselchen und Kletterrosen.

Das Wetter ändert sich, wird extremer. Wir erleben nicht enden wollende Regenperioden, denen ebenso lange Trockenzeiten folgen. Der für unsere Gefilde so typische Wechsel der Jahreszeiten ist außer Balance geraten. Dabei haben unsere Vorfahren aus dem Vegetationszyklus von Frühling, Sommer, Herbst und Winter den Kreislauf von Werden, Wachsen und Vergehen abgeleitet, die alten Feste haben dort ihren Ursprung. Sie werden bis auf den heutigen Tag - christlich gewandet - immer noch gefeiert. Winter-, Sommer-, Herbst- und Frühlingsanfang bilden die vier Eckpunkte im Jahreslauf. Mittig dazwischen liegen weitere vier Übergangspunkte, die in der Grafik als keltische Feste gekennzeichnet sind. Dieser achtspeichige Jahreskreis bietet Fixpunkte im Abstand von jeweils sechseinhalb Wochen, wobei sich Mond- und Sonnenfeste abwechseln.

Un­se­re Vor­fah­ren wa­ren den Ele­men­ten der Na­tur viel di­rek­ter aus­ge­lie­fert als wir heu­te und ha­ben aus­ge­feil­te Tech­ni­ken ent­wic­kelt, um zu über­le­ben. Ei­ni­ge Kul­tu­ren wur­den so zu hoch­qua­li­fi­zier­ten Spe­zia­li­sten, die das fra­gi­le Zu­sam­men­spiel der Na­tur­phä­no­me­ne ge­nau be­ob­ach­tet ha­ben. Ich ver­mu­te, daß die Ve­ge­ta­tions­fe­ste ur­sprüng­lich der Wie­der­her­stel­lung der Ba­lan­ce zwi­schen Mensch und Na­tur ge­dient ha­ben. Tän­ze, Ge­sang und be­rau­schen­de Sub­stan­zen dien­ten als »Fahr­zeu­ge«, um mit den Na­tur­gott­hei­ten in Kon­takt zu kom­men.

Wir heutigen Menschen haben eine ganz andere Beziehung zur Natur entwickelt. Aus "Mutter Erde" ist ein reiner Rohstofflieferant geworden, der von einem globalisierten Wirtschaftssystem profitabel ausgebeutet werden kann. Wir haben uns von der Natur so weit abgespalten, daß wir vergessen haben, daß wenn wir das Ökosystem schädigen, uns selber Schaden zufügen. Diese ökonomische Sichtweise beschert uns letztendlich eine Katastrophe nach der anderen, die wir aber mehr oder weniger als notwendiges Übel akzeptieren. Denn ohne den Kapitalismus, so wird uns suggeriert, landen wir bald in der Steinzeit. Ist es dann überhaupt zeitgemäß, an dem Modell einer naiven Weltbetrachtung festzuhalten und Kräuterwanderungen anzubieten?

Natürlich können wir die Uhr nicht zurückdrehen, aber es ist höchste Zeit, den Blickwinkel zu erweitern und sich z.B. von der Vielfalt und Schönheit der Pflanzenwelt berühren zu lassen. Denn wenn wir so weitermachen wie bisher landen wir mit Sicherheit in der Steinzeit. Die indigenen Völker raten eindringlich dazu, uns wieder durch Respekt und Wertschätzung mit der Natur zu verbinden. Denn nur dadurch, sagen sie, wird die Natur dieses Planeten wieder ins Gleichgewicht gebracht werden können.

In diesem Sinne möchte ich Sie gewinnen, unsere  einheimische Pflanzenwelt kennenzulernen und die Freude mit mir zu teilen, tiefer zu schauen!


Wildpflanzenspuren


Impressum

Heike Dreppenstedt

Am Schildhof 18

33617 Bielefeld

 

0521 / 140731


Die Teil­nah­me an den Ver­an­stal­tungen er­folgt ei­gen­ver­ant­wort­lich.

Ich über­neh­me kei­ne Haf­tung für Schä­den an Per­so­nen und Sa­chen.


aktualisiert: 14.02.2024